Südamerika für Traveller. Unterwegs in Brasilien: Per slow boat auf dem Amazonas
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Es sind diese traumerfüllenden Reisen, die an sich, diametral zu dem, wie man es sich erträumt hat, in Wirklichkeit recht unspektakulär ausfallen. Ich jedenfalls habe immer davon geträumt, irgendwann einmal in Südamerika den Amazonas in einem der dort üblichen Boote hinab zu fahren.
Nicht an Bord eines Kreuzfahrschiffes, nicht auf einer sausenden Piroge, sondern auf einem Boot, welches so aussieht wie im Film „Fitzcarraldo“. Und dies wäre nicht der Südamerika Reiseblog, wenn ich es nicht einfach tun würde. Und darüber schreibe.
Amazonas: Mit dem langsamen Booten nach Manaus
Sich diesen Traum zu erfüllen erfordert etwas Vorarbeit, aber reisetechnisch betrachtet ist es einfach, mit der Anreise über Iquitos, Peru, und Leticia, Kolumbien.
Die in der Gegend des Dreiländerecks zwischen Brasilien, Peru und Kolumbien sogenannten „langsamen Boote“ (barcos lentos auf Spanisch, slow boats auf Englisch) sind es, mit denen ich fahren wollte.
Sie verfügen – neben dem obligaten Hängemattendeck – auch über kleine Kabinen mit eigener Dusche und Toilette, und einem Bett. Das es sich hierbei nicht um das Ritz bzw. die QE2 handeln würde, war klar. Wie sehr „basic“ es allerdings an Bord des Amazonas-Schiffes sein würde, dazu später mehr in diesem Artikel.

Per Amazonas-Schiff nach Manaus. Von Tabatinga flussabwärts.
Die langsamen Boote (slow boat) der Art eines Fitzcarraldo Flussdampfers fahren auf dem Amazonas nur noch innerhalb Brasiliens. Der Ort am Oberlauf des Flusses, kurz vor der Grenze nach Kolumbien, dort wo die langsamen Boote losfahren, heisst Tabatinga.
In Tabatinga an der Mole erhält man die Fahrkarten, die Auskunft wann das nächste Boot fährt, und wie lange es dauert, und hier fahren die Boote auch ab.
Das Angenehme bzw. ungewöhnliche ist: Man kann die Tickets für die Boote NICHT online kaufen, und es gibt auch keinen einsehbaren Fahrplan. Ob die Boote jahrein, jahraus am selben Tag verkehren, vermag ich nicht zu sagen, ich weiss nur eins: sie fahren nicht täglich, sondern eher so, und das ist jetzt ein Beispiel: Dienstags, Donnerstags und Samstags.
Reisezeit Tabatinga nach Manaus: Drei Nächte, vier Tage. Beispiel: wer Dienstags losfährt, kommt Freitags an, gegen Mittag.
Wer also ab Tabatinga losfahren möchte, bis Manaus oder noch weiter bis Santarem oder Belen, der muss im Schiffsterminal (Spanisch: „la muelle“) von Tabatinga auflaufen, und zu allem bereit und flexibel sein. Es gibt also keine Pauschaltouristen, Gruppenreisen, und Horden von Backpackern. Die meisten Reisenden sind Einheimische.
Übrigens: Die Schnellboote (barcos rapido) nach Manaus fahren täglich und benötigen 36 Stunden für die Fahrt.

Mit dem Boot nach Manaus: Das kosten die Tickets, so kauft man sie
In Tabatinga heisst es: Mit Bargeld bezahlen. Eine Kabine für 2 Personen, Tabatinga bis Manaus, inklusive Mahlzeiten, kostet 1100 Reales, ca. 250 Euro. Bargeld lacht, keine Karten, Kreditkarten schon gar nicht. Die Tickets für die langsamen Boote gibt es nur an der Mole in Tabatinga, nicht bei den Reiseagenturen in Leticia.
Die Dame im Ticketoffice sprach übrigens gut spanisch, was praktisch war, da mein Portugiesisch nicht vorhanden ist, und man in Brasilien auch irgendwie ein anderes Portugiesisch als das mir nur rudimentär bekannte zu sprechen scheint.
Wie auch immer, an den Banken in Tabatinga gibt es Bargeld, allerdings an den Automaten gedeckelt und limitiert bis 800 Reales. Für das Bootsticket muss man also zweimal ziehen…
Unser Boot fuhr um 11 Uhr los, um 8:00 war Boarding, und man nimmt diesen Prozess in Tabatinga durchaus ernst.
Nach mehreren Kontrollen unseres Tickets erhielten wir ein Bändchen wie auf dem Traumschiff, das allerdings später niemand mehr irgendwo kontrollieren wollte.
Dann wurde das Gepäck sehr akkurat in eine Linie auf dem Boden gepackt, welche die Polizei auch immer wieder peinlichst genau begradigte. Warum sie das taten, kann ich mir nur dadurch erklären, dass der Drogenhund, welcher darauf das Gepäck beschnüffelte, ein leichtes Aspergersyndrom zu haben schien. Da muss alles bündig liegen!

An Bord der Itaberaba: Kabine vs. Hängematte
Jedenfalls, dann ging es auf das Boot, und man darf sein Gepäck selber tragen. Im Unterdeck kommt die Fracht hinein, auf das erste Oberdeck werden die Hängematten gespannt, auf das zweite Oberdeck dürfen die Kabinengäste. Irgendwer hatte dann auch den Schlüssel für unser kleines, sehr kleines Reich, und irgendwann konnten wir hinein.
Die Schiffskabine für unsere Amazonasfahrt war ca. 2 x 2 Meter, es stand ein Bett darin, Wände und Boden waren aus Metall, und das war alles. Direkt dahinter die ebenfalls metallene Duschkabine mit einer Dusche an der Decke und einem kleinen Waschbecken sowie der Toilette, alles inklusive Bilge, für das Duschwasser. Eine hübsche kleine Gefängniszelle für die drei Nächte und vier Tage lange Fahrt nach Manaus. Das ist ok, wenn auch, wie anfangs erwähnt, doch recht „basic“.
Ob man also eine Kabine nimmt oder das Hängemattendeck, bleibt jedem selbst überlassen.
Vorteil der Kabine: eigene Toilette und Dusche.
Wie auch immer, es war leidlich sauber, das Bett frisch bezogen, und unsere Toilette, welche mit braunem Amazonaswasser spült, würden wir nicht zu teilen haben.
Und dann, mit leidlich pünktlicher Abfahrt bei sengender Hitze, hatten wir vier Tage Zeit, uns am Amazonas satt zu sehen.
Das Boot legte in den ersten beiden Tagen noch recht regelmässig an ordentlich getrimmten kleinen Dschungelstädtchen an. Die Crew bewältigte Taschen, Koffer, Paletten, Mehl- und Betonsäcke, Baumaschinen, Frachtgüter aller Grössen und Formen jeweils manuell und auf der Schulter aus dem Boot und an die Mole oder umgekehrt zu tragen.
Am letzten Tag hielt das Schiff gar nicht mehr an. Der Amazonas gleitet vorüber, genauer gesagt, der Fluss ist ja immer da. Es ist der Wald, welcher vorüber gleitet. Unentwegt. Wer Augen hat zu schauen, und einen Sinn für die Schönheit des Seins, dem wird nicht langweilig werden. Sicherheitshalber sollte man dennoch ein bis zwei Bücher dabei haben!

Das Essen an Bord des Amazonas Bootes
Die Essenzeiten auf dem Amazonas Schiff in Richtung Manaus waren: Frühstück 6:30, was bedeutete, dass ich nie frühstücken würde auf diesem Boot. Mittagessen um 12, Abendessen um 16:00 Uhr.
Die sehr freundlichen Damen der Küchencrew klopften sogar am ersten Morgen an unsere Kabinentür, damit wir nix verpassten! Zu Essen gab es Fleisch mit Sosse und Spaghetti oder Reis, alles sehr lecker, glaube ich. Als Vegetarier und Nichtfrühaufsteher der ich nun mal bin hiess das: Drei Tage Spaghetti Mittags und Abends, kein Frühstück. Passt also für mich!
Man nimmt die Mahlzeiten in gepflegter Runde mit den anderen Passagieren ein, das fand ich ganz nett!
Es gibt an Bord noch einen kleinen Kiosk, am Heck des Oberdecks, hier werden Getränke, Zahnpasta, Chips, Duschgel etc. verkauft. Man braucht auf das Amazonas Boot nichst zu Essen oder Trinken mitbringen, wenn man nichts spezielles Essen oder Trinken muss oder will.

Amazonas Boot: Entspannte Atmosphäre a la Brasil
Die Atmosphäre auf dem Boot fand ich sehr angenehm und entspannt, die Brasilianer sind irgendwie cool, freundlich, sehr sympathisch.
Der Kioskmann tauschte mir mein kolumbianisches Geld gegen kühle Coke, was ich als sehr Klasse empfand. Und einer der Crewleute kam jeden Abend auf das Oberdeck, um seine Lieblingssoap im TV zu sehen, und kurz und freundlich Hallo und Guten Tag zu mir zu sagen. Das Ritual des TV Anschaltens und Soap Schauens hat mir sehr gut gefallen! Da sammelte sich immer eine kleine Gruppe an Passagieren, und schaute sehr ernsthaft die mir unbekannte Sendung.
Am vierten Tag kam der Rio Negro und Manaus in Sicht, dort wird an einem stadtnahen Bootsterminal gegen Mittag angelegt.
Der Rio Negro ist noch mal ein sehr beeindruckender Fluss, breit und schwarz fliesst er in Richtung Meer, und das Panorama der Ankunft in Manaus ist einmalig.


Südamerika Reiseblog Traumhaft: Auf dem Amazonas, drei Nächte, vier Tage bis Manaus
Die vier Tage Fahrt auf dem Amazonas sind alles andere als langweilig, man kann einfach schauen und träumen und meditativ den Fluss und den Wald vorüber gleiten lassen.
Der Wald ändert sich ständig, manchmal ist er Kilometer entfernt, manchmal nähert sich das Schiff einer Insel im Amazonas auf zwanzig Meter. Manchmal fliegen Papageien kreischend vorbei, und wer so viel Glück hat wie ich, sieht nachts in einem schwarzen Seitenarm des Flusses, der zu einem kleinen Hafen führte, einen rosa Delfin vorbeitauchen, wie ein Schemen. So dass man Sekunden später dachte: Habe ich das eben wirklich gesehen? Ja, ich hatte, ich bin mir ganz sicher, glaube ich.

Das Erlebnis, mit dem slow boat den Amazonas hinab zu fahren, bis nach Manaus, davon hatte ich immer geträumt. Es jetzt einfach getan zu haben, war fast zu einfach und zu wenig kompliziert. Die Vorbereitungen mit der Anfahrt über Iquitos und Leticia waren ebenfalls piece of cake, wie die Amerikaner sagen, aber umso schöner.
Abenteuer können manchmal auch einfach nur funktionieren, sind sie dann noch Abenteuer? Müssen Abenteuer abenteuerlich sein?

Oder werden sie zu traumhaften Reisen, wenn man leichten Herzens an sie heran geht, und sorglos erlebt? Ich weiss es nicht. Und es ist letztlich auch egal, denn: Traum erfüllt ist Traum erfüllt, und jedem, der vom Amazonas träumt, kann ich nur raten: Fahr doch einfach hin und tue es. Es ist einfach!
So gehts im Dreiländereck zwischen Kolumbien, Peru, Brasilien, der Trifrontera
Tipp Amazonien: Leticia, Kolumbien
Mehr Info und mehr Brasilien: Die Iguazu-Wasserfälle sind eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Südamerikas.
Einreisestempel für Brasilien nicht vergessen! Den Stempel gibts in der Polizeistation in Tabatinga, welche unweit der Muelle liegt. Die Fahrer der Motocarros kennen den Weg.
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