End trophy hunting now: Gegen die Trophäenjagd

Für das Ende der Trophäenjagd in Afrika: Ein Plädoyer und eine Argumentationshilfe

Durch den sehr unrühmlichen Fall des durch einen Trophäenjäger getöteten Löwen Cecil in Zimbabwe ist das Thema Jagd bzw. Trophäenjagd (auf Englisch: Trophy Hunting)  verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.

Zeit Online hat über den Fall Cecil und die Psyche der Jäger ausführlich berichtet, Spiegel online ebenfalls. („Hinter der Jagd stehen Allmachtsfabtasien“)

Ich möchte noch einige weitere Aspekte anführen, denn was wirklich nervt an der Angelegenheit, sind die zumeist argumentativ schwach anmutenden Rechtfertigungen, Ausreden, Begründungen und Pseudo-Argumente der Jagdlobby welche vermeintlich für die Trophäenjagd sprechen.

Ich möchte im folgenden Text Argumentationshilfen gegen diese Mythen der Jagdlobby liefern sowie diese Argumente auch belegen. Ich werde nicht auf Seiten von Jagdanbietern, Lobbyisten oder Jägern verlinken, um deren Standpunkt zu dokumentieren, das findet sich alles über eine Websuche.

Es geht auch darum, die Ausreden bzw. Mythen der Jagdlobby zu entlarven, denn im Prinzip sind das immer die gleichen, und sie sind alle, bei näherer Betrachtung, absolut substanzlos.

Der Schwerpunkt meiner Argumentationshilfe zielt auf die Trophäenjagd in Afrika, aber leider handelt es sich bei diesen Phänomen um eine weltweite Plage.

Ehrbare Weidmänner schiessen auch Steinböcke in Asien, Bären in Russland, Hirsche in Schottland, Pumas in Argentinien und Wachteln in Mexiko.

Wider die Trophäenjagd - planetenreiter.de Reiseblog
Safari in Afrika planetenreiter.de Reiseblog. Photo: DC Loew

Ausrede Nummer 1: Erschossen aus Versehen

Auch im Fall Cecil: Ich habe nicht gewusst, dass der Löwe bekannt ist, und habe nicht gesehen, dass er einen Funksender trug.

Da fährt man also nach Hwange in Simbabwe, zahlt 50.000 US-Dollar dafür, den Löwen massakrieren zu dürfen, mit einer Armbrust, wohlgemerkt.

Dann lockt man das Tier aus dem Schutzgebiet heraus, schleicht sich an (50-100 Meter, schätze ich, aber eher näher, wegen der Armbrust) und sieht den „radio collar“ nicht, ein meist ziemlich auffälliger breiter Ledergurt mit dem Sender darauf. Ich habe auch schon besenderte Löwen gesehen, es ist eigentlich nicht möglich, den Gurt zu übersehen. Vor allen Dingen, wenn man sich so nah an das Tier begibt, wie es notwendig ist für die Armbrust. Natürlich hat der unselige Zahnarzt den Sender gesehen, und trotzdem geschossen. Und natürlich war ihm klar, dass die Anlockung des Löwen dazu diente, diesen aus dem Schutzgebiet des Hwange NP heraus zu bekommen. Und natürlich musste der größte und schönste Löwe von allen getötet werden. Was uns zur Jäger-Ausrede Nummer Zwei bringt:

Ausrede Nummer 2: Jäger tragen zum Naturschutz bei und hegen den Bestand einer Art

Ich trage also zu Naturschutz bei, indem ich immer die größten, mächtigsten, schönsten Exemplare einer Gattung abknalle.

Weil dann ja im Falle von Löwen auch nur die Jungen dieses Männchens vom Nachfolger getötet werden, ggf. sogar die sich wehrende Mutter ebenfalls.

Weil man dadurch einem funktionierendem Rudel oder einer Herde den Rudelboss nimmt, und ein Auseinanderfallen des Rudels/der Herde riskiert.

Das gilt für Raubtiere in Rudeln (also Löwen) ganz besonders, aber auch für Antilopenarten, Giraffen, Büffel, sowie die Familienstrukturen von Elefanten.

Und an sich habe ich dieses Argument auch nie verstanden.

Ich töte Tiere (eben nicht die kranken, alten, schwachen, sondern immer die prächtigen) und sorge dadurch für eine Konservierung der Art? Das ist doch bizarr. Auch das Argument, dass der Jagdtourismus die Wilderei im Zaum hält, ist in allen Fällen widerlegt: Siehe z.B. den Selous Nationalpark in Tansania. Hier gibt es immer noch Areale, welche nur für die Jagd bereitgehalten werden. Aber der Elefantenbestand ist dennoch um 70% gesunken (Quelle: WWF).

Das gleiche Bild im Kruger NP in Südafrika. Die angrenzenden privaten Schutzgebiete verhindern nicht die Wilderei der Nashörner. Im Prinzip verlieren alle Bestände an bejagten Tieren, in allen Ländern in Afrika, und das, seit es die Jagd in angrenzenden Konzessionsgebieten gibt (Quelle: hier bei der BBC). Also seit mindestens fünzig Jahren.

Ausnahmen: Sehr gut geschützte und gemanagte Gebiete wie die Serengeti und Tarangire in Tansania. Hier richtet die Jagd in den Konzessionsgebieten außerhalb der Schutzgebiete wenig Schaden an – der Schutzerfolg hat schlichtweg andere Ursachen. In allen Untersuchungen, die weltweit duerchgeführt wurden, konnte nirgends belegt werden, dass Jagd und Trophäenjagd einen positiven Einfluss auf die bejagten Bestände hat.

Quellen; siehe hier und Zitat: „A 2009 study by Packer and other scientists concluded that areas “with the highest intensity of sport hunting have shown the steepest population declines in African lions … over the past 25 years.“

Aktuelle Quelle 2024: Africa Geographic Two Super Tusker hunted in Tanzania

Zitat: „Der Wert der Trophäenjagd für die Arterhaltung ist jedoch höchst fraglich und wissenschaftlich nicht belegt. Ausreichend dokumentiert ist demgegenüber, dass die Einnahmen aus solchen Jagdangeboten grösstenteils nicht wie angepriesen in Artenschutzprogramme oder Projekte zugunsten der Landbevölkerung fliessen, sondern meist beim ausländischen Jagdveranstalter bleiben oder in den Taschen korrupter Staatsangestellter landen.“ (Quelle: tierimrecht.org).

Beispiel Deutschland: Noch nicht einmal in Deutschland konnte die Jagd sinnvollen Einfluss auf z.B. Bestände von Wildschwein und Rehwild nehmen. Wenn man alle Prädatoren wildert und bejagt und deren Wiederansiedelung verhindert (Luchse, Wölfe), kann sich der Bestand an Beutetieren nur unnatürlich entwickeln. Und die winterliche Zufütterung für Rehe und Hirsche scheint auch lediglich der Hege des Jagdbestands zu nutzen, nicht dem natürlichen Bestand.

Ausrede Nummer 3: Ich liebe und respektiere diese wunderbaren Tiere

Was ist das für eine Liebe zur Natur und Fauna, wenn man dann  nach Afrika oder Osteuropa fährt, und Bären, Hirsche, Elefanten, ja sogar Giraffen abschießt?

Ich muss diesen Leuten ihr Liebesbekenntnis absprechen: Sie sind gefühllos bs nahezu asozial, und wissen doch gar nicht, was Liebe zur Natur bedeutet.

Sie sind nur auf den Kill aus, und sie treibt ein atavistisches, unzivilisiertes Verlangen an.

Ihr Bekenntnis der Liebe zu Tier und Natur  ist wie das Wort „Research“ auf den japanischen Walfängerschiffen. Zynischer Schwachsinn, eine Beleidigung für alle Naturschützer, Ranger, Wissenschaftler, Fotografen, Safari Touristen, wahre Naturliebhaber.

Ausrede bzw. Argument Nummer 4: Die Jagd ist ein ehrbares Handwerk

Mag sein, das dies mal so war.

Heutzutage gehört aber tatsächlich weder Jagdgeschick, noch sonstiges irgendwie geartetes Waidmannswerk dazu, in Afrika, in einem eingezäunten Konzessionsgebiet, ein Tier zu schießen.

Ich glaube, ein Schimpanse könnte das tun.

Das Schießen und Treffen ist überhaupt kein technisches Problem, wenn man die dickbäuchigen weißen Jagdathleten so sieht, braucht man dies nicht annehmen. Sich an die Beute zu Fuß heranpirschen, und ich habe dies selbst auf so einigen Touren durch Afrika erfahren, ist ebenfalls einfach, und stellt weder eine irgendwie sinnliche, noch mentale, noch intellektuelle, noch physische Herausforderung dar.

Hundert Meter, mit einem modernen Jagdgewehr keine wirklich schwierig zu überbrückenden Entfernung, kommt man immer an die Tiere heran.

Um es zu klar zu sagen: Jagen ist keine Kunst, es ist noch nicht einmal ein Handwerk heutzutage.

Seht euch nur die entsprechenden Videos auf youtube an. Wo ist die auch wie immer zu benennende Herausforderung, eine Oryx oder einen Büffel aus 150 Metern abzuknallen? Meistens noch mit Hilfe eines Tripods, um die Jagdwaffe abzustützen.

Es gibt diese jagdliche Herausforderung schlichtweg nicht. Es ist keine zu bewältigende Gefahr mit der Jagd verbunden, welche der Jäger heroisch überwinden muss.

Löwen erkennen Menschen zu Fuß nicht als Beute an, Giraffen, sind nicht gefährlich, ebenso keine Antilopenart. An Büffel oder Elefanten z.B. kommt man zu Fuß, ohne sich heranpirschen, zu verstecken oder auf den Wind achten zu müssen, sehr leicht bis zu 50m – 100m heran.

Das gleiche gilt für die Jagd aus Hochsitzen, oder von anderen Unterständen (sog. hides) aus oder an Wasserlöchern: Man sitzt und wartet, trinkt einen Schnaps oder zwei oder drei, die Tiere kommen von alleine nah heran, das Gewehr liegt irgendwo auf, ggf. habe ich einen Restlichtverstärker und ein Zielfernrohr sowieso, die moderne Jadgmunition durchschlägt ggf. sogar einen Motorblock, und dann knalle ich das Tier ab, oh großer weißer Jäger, wir sind alle edle Waidleute, und Jagen ist eine Kunst, und weil das so ist, dürfen wir das auch.

Um es zu klar zu sagen: Jagen ist keine Kunst, und die Trophäenjagd so wie sie heutzutage durchgeführt wird ist noch nicht einmal ein Handwerk.

Jagen erschafft nichts, es vernichtet nur. Trophäenjagd schafft noch nicht einmal ein Abendessen oder eine  vollen Bauch – es ist sinnloser, zutiefst erbärmlicher Sadismus.

Und dann hängen sie sich  die ausgestopften toten Tiere auch noch an ihre Wände zuhause – wie innerlich zementiert und ohne jegliche Empathie muss man sein? Was sagt es über Menschen, inmitten der toten Tiere zu wohnen? Und das obligate Foto nach der Jagd – das ist an Peinlichkeit, abnormen Geltungsbedürfnis, fehlender Empatie mit der Natur nicht mehr zu überbieten – siehe hier:

(Bildquelle: PETA Link)

Argument Nummer 5: Jagd ist eine Tradition

Tradition ist – ähnlich wie Nationalismus – das finale Argument der ganz armseligen Wichte. Als ob ein sinnloses, unmoralisches, ehrloses und dummes Ritual besser oder entschuldigt wird, weil man es schon länger so macht?!

Auf der gleichen Argumentationsebene versuchen die Schlächter auf den Faröern zu erklären, warum sie hundertfach Wale und Delfine massakrieren dürfen.

Wenn Idioten nichts sachliches mehr einfällt, berufen sie sich auf die Tradition. Kulturelle Werte. Nationale Eigenschaften. Die es zu schätzen und zu bewahren gilt.

Als ob Traditionen in Stein gemeißelt seien und nicht beendet werden könnten. Man nennt diesen Prozess der Beendigung von unseligen tradierten Ritualen: Zivilisation. Aufklärung. Fortschritt.

Gilt für die Jagd, den Walfang (Norwegen, Island, Japan,) und das unselige Walabschlachten auf den Faröer-Inseln gleichermaßen.

Davon abgesehen, hat die klassische Jagd für den Topf oder Grill einen gewissen Nukleus an Tradition und Sinnhaftigkeit – die Trophäenjagd kann aber noch nicht mal diesen tradierten Kern für sich beanspruchen.

Argument Nummer 6: Jagdtourismus bringt Devisen ins Land und finanziert den Naturschutz

Safaritouristen fahren in die Nationalparks Afrikas, um dort Tiere zu sehen und sich an ihrem Anblick in natürlicher Umgebung zu erfreuen. Diese Touristen bezahlen sehr viel Geld (Eintritt, Tagesgebühr, Übernachtung, Anreise, Safariveranstalter, Guide etc.), welches über die Nationalparkgebühren direkt in die Kassen der Schutzgebiete kommt.

In Tansania z.B. finanzieren die Gelder, welche die Serengeti einnimmt, auch abgelegene Parks ( wie z.B. Katavi oder Selous) in anderen, touristisch weniger erschlossenen Gebieten des Landes.

Jeder Foto-Safaritourist und jede volle Lodge in einem Schutzgebiet spült also täglich und sehr direkt Gelder in die Kassen und dient dem Erhalt dieser Schutzgebiete. Viele Tiere bringen viele Touristen. Eine intakte Natur macht sich bezahlt und ist refinanzierbar. Bei gutem Management sind die Auswirkungen  des Tourismus auch gering. Und: Diese Tiere bringen touristische Einnahmen ihr Leben lang, und nicht einmalig, mit der Abschussprämie.

Beim Jagdtourismus verdient lediglich der Reiseanbieter für die Jagd oder der Konzessionsinhaber der Jagdfarm, und das auch nur einmalig. Eine nachhaltige Nutzung von Natur und Fauna ist somit natürlich nicht gegeben.

Die Einheimischen bzw. deren Communities profitieren kaum vom Umsatz mit der Trophäenjagd, und auch die Gelder für die Lizenzen tragen nicht zur Gesundung von afrikanischen Staatshaushalten ein.

Prowildlife hat genaue Zahlen, hier ein kurzes Zitat: „Auch das Totschlagargument Arbeitsplätze greift nicht: 15.000 Teilzeit-Arbeitsplätze soll die Jagd in den acht wichtigsten afrikanischen Jagdländern schaffen – bei einer Gesamtbevölkerung von 140 Mio. Menschen. Zum Staatshaushalt trägt sie lächerliche 0,006 Prozent bei.“

Also ist auch dieses Argument der Jagdfreunde schon seit längerer Zeit klar widerlegt, unverdrossen wird es aber immer noch genutzt.

Und weil die Konzessionsjagd obendrein noch korruptionsanfällig ist, und die edlen kompetenten Waidleute auch immer noch die falschen Tiere abknallen, hat  Botswana seit 2014 die Jagd komplett ausgesetzt – um sie für Elefanten 2020 leider wieder zu konzessionieren. In Sambia wurde die Trophäenjagd  auf Löwen und Leoparden ebenfalls ausgesetzt.

Fazit: Argumente wider die Trophäenjagd

Es gibt keine fundierten Argumente für die Fortführung der Trophäenjagd, und nicht nur seit dem Fall Cecil.

Für die Verteidigung noch abartigerer Spielarten wie die Gatterjagd ( canned hunting, könnt ihr auf youtube nachschauen) können noch nicht einmal die oben aufgeführten fadenscheinigen Argumente der Jagdlobby herhalten.

Mit anderen Worten: Alle Argumente der Jagdlobby sind in mehr als einer Studie widerlegt, sie entbehren jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, einem moralisch-zivilisatorischen Fundament ohnehin, und sind in das Gebiet der Fabel und Mythologie zu verweisen.

Zum Glück gibt es nun eine Bewegung endtropyhuntingnow, die hoffentlich auch andere afrikanische Staaten motiviert, die Jagd zu beenden. Der Boykott der meisten Fluggesellschaften, Jagdtrophäen nicht zu transportieren, ist ein guter erster Schritt zum Verbot der Trophäenjagd in Afrika.

Mehr Info, weitere Fakten und weiterführende Links zum Thema Trophäenjagd in Afrika:

dc
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